Angeblich ist hier im Osten Wiens das Klima recht freundlich zu südlicheren Gewächsen. So heißt es zumindest. In den meisten Jahren bestätigen meine Paradeiser das gerne.
Und so liegt es nahe für neugierige Gärtnermenschen, irgendwann einmal auch Melonen anzubauen. In diesem Jahr war es so weit: Ich schritt zur Tat. Im Winter machte ich mich schlau, welche Melonensorten eine kurze Reifezeit hätten und besorgte Samen je einer Zucker- und einer Honigmelone.
Schon beim Keimen zickten die Melonen. Das hätte mir eine Warnung sein müssen. Irgendwann dann erwiesen sie mir doch noch die Gnade, ihre zarten Keimblättchen aus der Samenhülle. zu schieben. Gedankt sei’s den Melonen.
Vielleicht nahmen sie mir übel, dass ich zwischenzeitlich, in ihrer frühkindlichen Trotzphase, noch im Samenstadium, nicht mehr an sie geglaubt hatte. – „Nein, ich streck‘ meine Blätter nicht raus.“ „Doch, das machst du!“ – Jedenfalls kaufte ich in meiner Verzweiflung eine Wassermelonenpflanze und stellte sie ihnen als großes Vorbild vor die Nase.
Sie wurden gehätschelt bis zum Auspflanzen – jeden Tag morgens an die frische Luft, zum Nächtigen wieder in geschütztere Gefilde. Sie dankten es mit zögerlichem Wachstum. Und dann war es so weit: Anfang Juni wurden sie ins Freiland entlassen. Durften in bester Hügellage residieren mit schöner Aussicht auf duftende Rosenbeete und Kräuter.
Nun ja, der Juni… Es gab ein wunderschönes, langes Wochenende. Immerhin.
Die Melonen in ihrer prachtvollen Hügelvilla waren gnadenlos den Regenfällen und den kalten Temperaturen ausgesetzt. Wer dämmt schon eine Villa in eigentlich sonniger Südlage?
Der Sommer, nun ja. Durchwachsen, sehr durchwachsen.
Und die Villenbewohner?
Die froren, waren ständig durchnässt, blühten unwillig. Die paar Früchte, die sie ansetzten, blieben lange Zeit winzig. Gegen Ende des Sommers erst legten sie an Umfang zu. Und unter dem massenhaften Blattgewirr von drei Melonenpflanzen tauchten immer mehr kugelige und ovale Melonen auf. Neugierig wurden sie umschlichen. Jeder Zentimeter Wachstum registriert. Sie wurden beklopft und beschnuppert.
Endlich! Duft! Ein untrügliches Anzeichen von Reife.
Die erste Melone wurde geerntet. In der Küche noch zwei Tage gelagert und dann angeschnitten. Ihr Aussehen war tadellos. Auch unter der schicken Hülle. Aber wie so oft: Hinter einer schönen Fassade verbirgt sich – nichts. Der Geschmack: fade.
Die anderen Früchte ließen wir dann in aller Ruhe auf ihrem Hügel residieren, bis das Laub zu welken begann. Noch einmal wurde der Anschnitt zelebriert. Das Ergebnis: fade.
Blieb da noch die eine einzige Wassermelone, die die Vorbildpflanze anzusetzen sich herabgelassen hatte. Die schwoll an bis fast zur Größe eines Fußballs. Da lag sie zwischen all den welken Ranken der anderen Melonenpflanzen und schrie: Ich!
Wir erhörten sie, zögerlich schnitten wir in ihr Fleisch. Holten ein Stück heraus. Köstlich!
Nur wer isst jetzt den fast fünf Kilo schweren Rest?
Fazit: Melonenanbau ist müßig. Das sind zickige Geschöpfe, die mit dem gnadenlos rauen Klima im Osten Wiens nicht zu Recht kommen.
Fazit Nachtrag: Wer mag schon Melonen-Marathon-Essen im grauen Herbst? Melonen sind etwas für den Hochsommer. Lieber ab und zu eine importiere Melonenhälfte im Juli kaufen, wo sie wenigstens nur aus Italien anreisen müssen, als bis Ende September auf ein Wunder warten.