Nur Faul sein, das geht nicht. Natürlich ist Gemüseanbau Arbeit. Das kann niemand, der selber Gemüse zieht, bestreiten. Aber ich habe in den letzten Jahren meinen eigenen Anbau“stil“ entwickelt, damit sich diese Arbeit in erträglichen Grenzen hält. Denn schließlich soll das Ganze ja auch Spaß machen!
Ich will mir keinesfalls anmaßen, alle Tricks zu kennen oder es besser zu wissen. Ich möchte nur aufgrund meiner noch bescheidenen Erfahrungen aufzeigen, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, Gemüse auch mit weniger (als den oft befürchteten) Aufwand anzubauen.
Was ich überhaupt nicht mache, ist Umgraben. Diese kraftraubende Tätigkeit erspare ich mir aus zwei, wie ich meine, guten Gründen. Erstens will ich Kraft und Zeit sparen, so gut es geht. Es bleiben im Garten immer noch genug anstrengende Tätigkeiten zu tun. Und zweitens, und das kommt der angestrebten „Arbeitsersparnis“ sehr entgegen, will ich die einzelnen Bodenschichten samt Bodenlebewesen nicht ständig durcheinander bringen. Also gebe ich jedes Jahr eine kräftige Ladung vom eigenen Kompost auf die Beete und hacke diesen oberflächlich ein.
Was ich mir noch erspare ist eine sklavische Fruchtwechsel- und Mischkultur. Ich baue nicht in Reih und Glied an oder mache mir komplizierte Tabellen, was worauf folgen und was keinesfalls oder unbedingt neben welchem Gemüse wachsen sollte. Das wäre mir zu aufwändig und lustraubend. Ich pflanze die Sonnenanbeter in den von früh bis abends sonnigen Teil des Gemüsegartens. Der Rest, der schon am späteren Nachmittag auch etwas Schatten abbekommt, wird aufgeteilt unter den anderen Kulturen. Alles, was höher wächst, wie z.B. Tomaten oder Paprikas, wird unterpflanzt mit Salaten oder Kräutern. Wo grad ein Plätzchen frei wird, pflanze ich sofort nach mit dem, was grad zur Verfügung steht.
Um den Boden zu schützen, mulche ich mit allem, was mir in die Finger kommt – Rasenschnitt, der leider jedes Jahr weniger wird, Staudenschnitt, wenn keine Samen dran sind. Da landen auch schon mal Reste vom Gemüseputzen einfach auf dem Beet, wo geerntet wurde, anstatt am Kompost. Das sieht nicht immer schön aus, aber es ist praktisch. So muss ich nicht jedesmal zum Komposthaufen laufen, sondern lasse vieles einfach gleich an Ort und Stelle.
Wenn es heiß ist und ich mal Unkraut zupfe, bleibt vieles davon einfach im Beet liegen. Die Sonne vertrocknet es ohnehin ganz schnell. Diese Mulchschicht sorgt für ein reges Bodenleben und ist gleichzeitig Dünger für meine Beete. Bei dichter Bepflanzung und Mulch kommt allerdings auch weniger Unkraut auf.
Apropos Dünger: Ich nahm mir anfangs vor, regelmäßig Kräuterbrühen und -jauchen anzusetzen für den Gemüsegarten. Schnell wurde ich bequem. Jetzt landen Brennesseln, die ich mir aus der nahen Au jederzeit holen kann und Beinwell, den ich zu diesem Zweck in rauhen Mengen eigens im Garten angesiedelt habe, einfach als Mulchschicht in den Beeten und auf den vielen großen Tomatentöpfen. Mir scheint, sie erfüllen auch so ihren Zweck ganz gut.
Mulchstress mache ich mir aber keinen. Habe ich nicht genug Material, bleibt der Boden eben offen. Meist ist ja sowieso alles sehr dicht bepflanzt.
Für manche schaut mein Gemüsegarten sehr unordentlich aus. Eben weil so viel „Zeugs“ auf den Beeten herumliegt, nichts in Reih und Glied steht und weil ich vieles auch blühen und sich versamen lasse. Salate zum Beispiel oder Mangold. Da keimen dann irgendwo die Pflänzchen, die ich nur mehr umpflanzen muss, wenn grad wieder wo ein Platz frei ist. Im Frühling keimen dann oft ganz von selber die käftigsten Salate.
Einen unordentlichen Eindruck könnten auch die Ringelblumen und Tagetes machen, die verstreut in vielen Beeten wachsen. Sie sollen ja die Bodengesundheit fördern und vor allem Nematoden abwehren. Zudem stehen Schnecken auf Tagetes. Sie lieben diese Pflanzen so sehr, dass sie Nachbarpflanzen vielfach in Ruhe lassen, solange sie Tagetes beknabbern können. Daher dürfen sich Ringelblumen und Tagetes auch jedes Jahr versamen. Ich zupfe dann die, die zuviel sind, aus und verwende sie umgehend wieder als Mulch.
In zwei kleineren Tomatenbeeten außerhalb des eigentlichen Gemüsegartens wächst jedes Jahr Kapuzinerkresse als Bodendecker. Damit erspare ich mir die ganze Saison in diesen Beeten das Mulchen und das Unkrautzupfen, der Boden trocknet nicht so schnell aus und noch dazu sieht es hübsch aus. Allerdings geraten die Kressepflanzen alljährlich gegen Ende des Sommers außer Kontrolle und wandern auch außerhalb der Beete herum. Mich stört das nicht.
Am Anfang meines Gemüsegärtnerlebens machte ich mir viele Sorgen wegen des bösen Kleingetiers, das hinter meinem Gemüse her war. Jetzt sehe ich das wesentlich gelassener.
Grashüpfer, von denen sich sehr, sehr viele in unserem Garten tummeln, fressen gerne an allen grünen, zarten Blättern. Aber sie lassen immer absolut ausreichend für uns übrig. Blattläuse, wie ich sie auf vielen Salatköpfen von früher kannte, haben wir keine im Gemüsegarten. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass ich alles so kunterbunt pflanze und keine Monokulturen anlege. Oder an den vielen fleißigen Marienkäfern, die sich im Garten aufhalten. Raupen waren ein großes Problem. Den Anbau einiger Kohlsorten habe ich ihretwegen aufgegeben. Aber ich muss ja wirklich nicht alle Sorten haben. Mir bleiben immer noch Kohlrabi und Pak Choi, die beiden mögen sie komischerweise nicht so gerne. Die einzigen Tierchen, die ich nicht gerne dulde, sind Nacktschnecken, die sich in allen Größen im Garten herumtreiben. Ich sammle sie trotzdem nur selten ab. Der Aufwand ist mir einfach zu hoch. Ich pflanze daher viele Salate, die sie nicht so mögen wie Spargelsalat oder Salate mit dunkelroten Blättern. Wenn ein Salatkopf sehr von Schnecken belagert ist, dann habe ich eine Abmachung mit ihnen: Ich lasse den Salatkopf für sie stehen. Die Schnecken scheinen das zu verstehen und machen sich oft fast nur über diesen einen her und lassen die anderen weitgehend in Ruhe.
Was dem Faul sein in Punkto Gemüsegarten sehr entgegenkommt, ist natürlich die automatische Bewässerung in den Gemüsebeeten, die ich in den Hochsommermonaten einschalten kann. Dann wird zur ausgewählten Zeit alles brav von unten gegossen. Und ich muss nicht auch noch den Gemüsegarten mit Wasser versorgen. Mit den Töpfen habe ich ohnehin genug zu gießen.
Mit all diesen Dingen spare ich einiges an Zeit, die ich sehr gerne in die Kulturen investiere, die mich am meisten interessieren: Tomaten und Chilis. Hier betreibe ich echt großen Aufwand mit der Aussaat vieler Sorten, mit Pikieren und Beschildern. Aber auch da werde ich von Jahr zu Jahr routinierter und lerne, Zeit mit gewissen Tricks zu sparen. Sollte ich jedoch beim Gemüsegärtnern irgendwann ganz viel Zeit sparen wollen, könnte ich ja einfach ein paar o8/15-Tomatenpflanzen aus der Gärtnerei kaufen und hätte bestimmt auch gute Erträge. Wer weiß, vielleicht mach‘ ich das irgendwann mal so. Diese Freiheit muss ich mir geistig – trotz meiner Neugier auf Vielfalt – offenhalten.
Nur weil man einen Gemüsegarten hat, heißt das auch noch lange nicht, dass man alles anbauen muss, was es für die jeweilige Jahreszeit gibt. Man sollte sich nicht selber unter Druck setzen. Heuer habe ich zum Beispiel auf den Anbau von Wintersalat wie Zuckerhut oder Endivien gänzlich verzichtet, weil es mir einfach keinen Spaß gemacht hat und ich nicht noch mehr Arbeit haben wollte. Nächstes Jahr ist das vielleicht wieder anders.
Und sollte mich irgendwann die Unlust komplett befallen und ich mal kein oder weniger Gemüse anbauen wollen, säe ich einfach Gründünger in die Beete. Der sieht hübsch aus, sorgt für gesunden Boden und ich halte mir alle Optionen für das kommende Gemüsejahr offen. Das Phacelia-Packerl liegt für alle Fälle immer bereit…
Weiter geht’s mit dem „Plädoyer für den Gemüsegarten“ demnächst im vierten Teil:
„Gemüsegarten IV – Arten- und Sortenwahl für Bequeme„
Teil I und II zum Nachlesen:
Gemüsegarten I – Eine Leidenschaft
Gemüsegarten II – Unendliche Vielfalt